Wer hat die Kirchensteuer erfunden?

Gefragt von: Herr Dr. Leopold Fricke
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Die Kirchensteuer ist keine „kirchliche“ Erfindung. Sie wurde im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von den einzelnen Staaten des Reiches in Deutschland der Kirche aufgedrängt. In der Urkirche gab es den direkten Unterhalt der Apostel und Jünger durch die Gemeinde.

Wann und wer hat die Kirchensteuer eingeführt?

Großherzog Ludwig III. erließ 1875 das Gesetz „das Besteuerungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften betreffend“, das nicht nur für die evangelische Landeskirche gültig war, sondern auch für die katholischen Bistümer und alle „mit Corporationsrechten versehenen Religionsgemeinschaften“.

Wer hat die deutsche Kirchensteuer eingeführt?

1934 führten die Nationalsozialisten den Kirchensteuereinzug durch den Arbeitgeber als „staatliche“ Aufgabe zum 1. Januar 1935 ein, indem sie die Kirchensteuer einheitlich auf die seit 1920 durch den Arbeitgeber in staatlichem Auftrag einzuziehende Lohnsteuer erheben ließen.

Wo kommt die Kirchensteuer her?

Der Ursprung der Kirchensteuer liegt im Mittelalter. Sie hieß damals noch nicht Steuer, sondern "Zehnt". Jeder Grundbesitzer musste nämlich den zehnten Teil seines Ertrages an Vieh, Getreide, Feldfrüchten und anderen Dingen wie Butter oder Wein an seinen kirchlichen Landesherrn abgeben.

Wie kommt es historisch zur Einführung der Kirchensteuer?

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde schließlich die Kirchensteuer in Deutschland eingeführt mit dem Ziel durch Erhebung eines Beitrages der Kirchenangehörigkeit die finanzielle Unabhängigkeit der Kirchen zu erreichen.

Kirchensteuer einfach erklärt (explainity® Erklärvideo)

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Warum zahle ich Kirchensteuer obwohl ich nicht in der Kirche bin?

Wer keiner Konfession angehört, muss in Deutschland unter Umständen trotzdem Kirchensteuer zahlen - indirekt über den Ehepartner. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat diese Regelung jetzt gebilligt. Konfessionslose können weiterhin über ihren Ehepartner an der Kirchensteuer beteiligt werden.

Warum muss ich Kirchensteuer zahlen obwohl ich ausgetreten bin?

Nach dem Kirchenaustritt informiert die Meldebehörde automatisch das zuständige Finanzamt, damit dieses die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ändert. Für die Zeit nach Ihrem Kirchenaustritt wird also bei der monatlichen Gehaltsabrechnung keine Kirchensteuer mehr einbehalten.

Ist die Kirchensteuer sinnvoll?

Die Mehrheit der Deutschen hält die Erhebung von Kirchensteuern glücklicherweise für sinnvoll, weil ein großer Teil der eingesammelten Gelder für soziale Zwecke aufgewendet wird. Werden diese wegen Geldmangels eingestellt, muss der Staat – und damit die Bürger – in Form anderer Steuern dafür aufkommen.

Für welche Religionen zahlt man Kirchensteuer?

Folgende neun staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften dürfen Kirchensteuer erheben:
  • Evangelische Landeskirchen.
  • Katholische Kirche.
  • Altkatholische Kirche.
  • Jüdische Kultusgemeinden.
  • Israelitische Religionsgemeinschaften.
  • Freireligiöse Gemeinden.
  • Französische Kirche zu Berlin.
  • Mennonitengemeinde in Hamburg-Altona.

Wird der Pfarrer von der Kirchensteuer bezahlt?

– Bischöfe und Kardinäle werden aufgrund dieser mehr als 200-jährigen Verpflichtung noch heute aus der Staatskasse bezahlt. Nur die Gehälter der Pfarrer werden durch die Kirchensteuer finanziert. Diese Tatsache basiert auf einer Reihe von Verträgen zwischen den einzelnen Bundesländern und der Kirche.

Ist Deutschland das einzige Land mit Kirchensteuer?

Sie existiert v. a. in Deutschland und der Schweiz, wird des Öfteren jedoch fälschlicherweise mit der Zahlung des Zehnten im Mittelalter in Verbindung gebracht.

Welches Land zahlt keine Kirchensteuer?

Außerhalb des deutschsprachigen Raums existiert in nur wenigen Ländern eine Kirchensteuer. In Frankreich, England, den Niederlanden, selbst im katholischen Polen wird keine Kirchensteuer erhoben.

Warum ist die Kirchensteuer so hoch?

Das liegt daran, dass die Einnahmen der Kirchensteuer nicht nur von der Mitgliederanzahl abhängt, sondern auch davon, wie viel die Mitglieder verdienen. Der Grund für den Anstieg der Löhne und somit auch der Kirchensteuer war also das sich bis zur Pandemie gut entwickelnde Wirtschaftswachstums Deutschlands.

Wie viel kostet die Kirchensteuer?

Grundlage ist die festgesetzte Einkommensteuer. Sie zahlen folglich als Kirchensteuer 8 bzw. 9 Prozent Ihrer Einkommensteuer. Beachten Sie: Die Kirchensteuer wird mit gleicher prozentualer Höhe auch im Rahmen der Abgeltungsteuer berücksichtigt.

Wie viele Menschen in Deutschland zahlen Kirchensteuer?

Rund 40 Millionen Menschen in Deutschland zahlen Kirchensteuer. Diese Zahl sinkt stetig, dennoch können die Kirchen Jahr für Jahr Rekordeinnahmen verzeichnen. Dies ist mit der guten Wirtschaftslage und steigenden Einkommen zu erklären.

Wer muss keine Kirchensteuer zahlen?

Liegt Ihr Einkommen 2023 unter 10.908 Euro im Jahr bzw. rund 909 Euro im Monat, müssen Sie keine Lohnsteuer, keine Einkommensteuer und auch keine Kirchensteuer zahlen. Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner/innen gilt der doppelte Grundfreibetrag in Höhe von 21.816 Euro.

Wie viel spart man ohne Kirchensteuer?

Während als Mitglied in der Kirche jeden Monat 37,49 Euro Kirchensteuer vom Finanzamt einbehalten werden, fallen jene nach einem Austritt weg. Dies führt zu einer jährlichen Ersparnis in Höhe von 449,91 Euro.

Was sind die Nachteile wenn man aus der Kirche austritt?

Wer aus der Kirche austritt, zahlt anschließend keine Kirchensteuer mehr. Für Mitglieder der katholischen Kirche sind das im Schnitt 291 Euro jährlich, Protestanten zahlen durchschnittlich 278 Euro im Jahr. Doch auch nach einem Austritt kann ein Teil des Einkommens weiter an die Glaubensgemeinschaft fließen.

Wie werde ich die Kirchensteuer los?

Mit einem Kirchenaustritt kannst Du die Zahlung von Kirchensteuer dauerhaft vermeiden. Im Jahr des Austritts ist die Steuer jedoch ein letztes Mal fällig. Kirchensteuer und Kirchgeld sind unbeschränkt als Sonderausgaben abzugsfähig. Gib diese in der Anlage Sonderausgaben Deiner Steuererklärung an.

Was passiert mit 100 € Kirchensteuer?

Von 100 Euro Kirchensteuer werden 36 Euro für Gottesdienste und Seelsorge verwendet: Für Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Beerdigungen. Seelsorge vor Ort durch Pfarrerinnen und Pfarrer, die von der Landeskirche bezahlt werden.

Was passiert mit 100 Euro Kirchensteuer?

Wir zeigen am Beispiel des Bistums Trier, wofür 100 Euro Kirchensteuer ausgegeben werden: 39,70 Euro für Zuschüsse an die Gemeinden plus Verwaltungskosten: Die Zuschüsse dienen als Finanzausgleich für die Gemeinden und umfassen Geld für Personal-, Sach- und Baukosten.

Ist man noch Pate wenn man aus der Kirche austritt?

Da das Patenamt mit der Verantwortung einhergeht, den Glauben des Kindes an Gott zu stärken, gilt grundsätzlich: Wer nicht getauft ist, keiner christlichen Kirche angehört oder ausgetreten ist, kann nicht Taufpate werden. Taufpate trotz Kirchenaustritt werden ist somit nicht möglich.

Was passiert wenn man stirbt und nicht in der Kirche ist?

Was ist bei einer Bestattung ohne Kirche anders? Der ausschlaggebende Unterschied bei einer Beerdigung ohne Kirche ist, dass kein Priester oder religiöser Würdenträger die Zeremonie führt. Das wird von einem professionellen Trauerredner oder von Angehörigen selbst übernommen.

Kann mein Kind zur Kommunion gehen wenn ich aus der Kirche ausgetreten bin?

Konfirmation, Kommunion, Firmung – welche Folgen hat ein Kirchenaustritt für mein Kind? Unmittelbare Folgen für die eigenen Kinder hat ein Kirchenaustritt nicht. Katholisch getaufte Kinder können unabhängig vom Kirchenaustritt ihrer Eltern Kommunion und Firmung feiern, evangelisch getaufte Konfirmation.

Wie viel bekomme ich von der Kirchensteuer zurück?

Für das ganze Jahr steht Ihnen ein Sonderausgabenpauschbetrag von 36 Euro (Ehepaare 72 Euro) zu. Die Kirchensteuer können Sie jedoch in voller Höhe als Sonderausgaben geltend machen.